Zum Wandern gehört die richtige Ausrüstung. Je schwerer der Rucksack, desto schwerer die Last auf dem Rücken, desto weniger macht das Laufen Spaß. So manch einer ist schon an dem Gewicht seines Rucksacks und falschen Schuhen gescheitert. Hinterher ist man immer klüger. Nach meiner Wanderung in Nordspanien war mir klar, dass ich mir mit der richtigen „funktionalen“ Kleidung einige vermeidbare Wehwehchen hätte sparen können. Lektion gelernt. Für den nächsten Trip hab ich mir vorgenommen, auf die richtige Ausstattung zu sparen und hab mich aus Vorfreude schon mal auf die Suche gemacht. Und – wurde positiv überrascht. Outdoor-Kleidung muss nicht zwingend altbacken aussehen. Praktisch und schön geht doch. Mythos entschlüsselt.
Falsches Gepäck gleich Wanderschmerz
Meine Reise nach Irun, Ausgangspunkt des Jacopswegs „Camino de la Costa“, war kurzfristig geplant und ich hatte keine Zeit, mir groß Gedanken über meine Ausrüstung zu machen. Als Vorbereitung hatte ich den Reiseführer von Raimund Joos angelesen. Empfohlen wird hier, nicht mehr als 10% seines eigenen Körpergewichts zu tragen. Ich packte also minimalistisch, wirklich minimalistisch, 2 T-Shirts und Shorts, Unterwäsche, einen dünnen Schlafsack und „Rei in der Tube“ zum waschen.
Doch trotz leichtem Rucksack hatte ich Probleme.
Die Schultern schmerzten, der Rücken tat weh. Mein Tagesrucksack war zwar grundsätzlich ziemlich leicht war, aber ohne Bauchgurt ungünstig ausbalanciert. Die große Schnalle hilft dabei, die Schultern zu entlasten und das Gewicht auf die Hüften zu verlagern. Da ich nur mit Handgepäck flog, blieben Messer, Wanderstock und dergleichen zu Hause. Auch ohne Gehhilfe war ich meistens rutschfest unterwegs, dank noch junger und agiler Kniegelenke. Ein Taschenmesser wäre allerdings ganz praktisch gewesen, das konnte ich mir aber oft von Mitpilgern ausleihen. Meine alten Winterschuhe haben bisher jede Wanderung in Nord- und Mitteleuropa mitgemacht. Bei Temperaturen um die 25 Grad in Spanien waren sie natürlich viel zu warm, schwer und drückten. Ich hatte auch nicht mit dem Aprilwetter im Baskenland gerechnet. Hier regnet es viel. Und schwere Wander- bzw. Winterschuhe trocknen einfach nicht so schnell.
Auf die Temperaturunterschiede war ich auch nicht eingerichtet. In einer Nacht in einem großen Klostersaal mit zugigen Fenstern wurde es ganz schön kühl und ich musste mir dann alles, was mein Gepäck so hergab, überziehen. Gefroren hab ich eingepackt in Unterwäsche, Shirts, Fleecejacke und Regenjacke trotzdem.
Outdoor-Ausrüstung = first world problem?
Lange glaubte ich auch, dass Trekkingklamotten typisch deutsch aussehen müssen, praktisch aber nicht schön. Man muss sich entscheiden. Entweder hip oder praktisch. Beides zusammen geht nicht. Hässlichkeit war sogar schon so was wie ein Qualitätsmerkmal für Outdoor-Mode. Die guten Filaboots, die ich schon als Teenager gekauft habe und mit denen ich aussehe, als würde ich die Eigernordwand besteigen wollen, müssen doch was können. Oder das Heidigedenk-Funktionsshirts vom Trachtengeschäft mit niedlichen Edelweiss und Caros, vor Urzeiten auf dem Skiwochenende in einem Laden im Sauerland erworben, hält doch schließlich warm bei Regen und Wind? Aber so richtig wohl fühl ich mich darin nicht. So what, Luxusprobleme? Natürlich kann man im Schlafanzug und in leichten Shirts wandern und ausrüstungsmäßig improvisieren. Beim Wandern geht es ja eigentlich auch wirklich nicht darum, wie man ausschaut. Der Auslug in die Natur ist vielleicht noch eine der Auszeiten, in denen sich ein durchgehipsterter Großtstadtmensch vom leicht narzisstischen Stylediktat erholen kann und soll. Es geht wirklich nicht darum, hippe Fotos mit coolem Outfit für Social Media zu schießen, auf der Bergspitze zu stehen, in Siegerpose mit dem Gipfelkreuz zu flirten und dabei auch noch besonders gut und geschmackvoll auszusehen. Es geht eher darum, sich dank praktischer, leichter Ausrüstung wohlzufühlen in seiner Haut, und da Geschmäcker ja bekanntlich verschieden sind, eine Auswahl jenseits der Alm-Öhi-Romantik zu haben. Wandern und wandern lassen.
Qualität und Ästhetik = perfekte Trekkingklamotte
Und die Auswahl an Outdoormode ist größer geworden. Denn genauso wie die nachhaltige Mode erlebt auch die Outdoor-Klamotte ein ästhetisches Revival. Dabei ist natürlich nicht alles Gold, was glänzt. Nur weil eine Klamotte mit dem Label „Outdoor“etikettiert ist, muss sie noch lange nicht besser verarbeitet sein als normale Streetstyle-Mode. Bei Trekkingklamotten ist eigentlich nur eins wichtig, ob sie sich jetzt Outdoor-Klamotten nennen oder nicht, der Stoff. Der Stoff macht den Unterschied, und die gute Verarbeitung. Der Stoff, der uns Wanderer vor dem Wetter schützt. Vor Regen, Minusgraden oder gleißender Sonne. Der Stoff, der luftdurchlässig ist und atmungsaktiv oder warm hält. Die Ästhetik ist dann nur das Sahnehäubchen.
Leichterer Rucksack dank Wanderklamotten
Ich finde, es lohnt sich trotzdem, in ein paar Stücke zu investieren, die das Laufen ein bisschen leichter und die Reise sogar noch ein Quäntchen schöner machen. Erfahrene Wanderer geben gerne Ratschläge an Newbies, und so wird auf dem Jacopsweg abends in der Herberge gefachsimpelt über die leichtesten Schuhe und neidisch mit den angenehmsten Rucksäcken der Zimmergenossen geliebäugelt („oh, was fürn toller Rucksack, darf ich mal heben und anprobieren“).
Gute Wanderkleidung, die mir gefällt und die ich auch zu Hause anziehen würde, kann das Gepäck leichter machen. Wenn ich nur schöne, haltbare Klamotten einpacke, die ich auch abends nach der Tour anziehe, ohne mich wie Ötzi zu fühlen, die ich 20 x mal ohne ausbleichen waschen kann, und die schnell trocknen, dann kann ich stattdessen einiges zu Hause lassen. Und mein Rucksack ist 1kg leichter.
Trekking-Outfit und Equipment:
- Shirt von The North Face
- Hose von Patagonia
- Sandalen von Teva
- Trekkingrucksack von Gregory
- Faltbarer Minirucksack für Abends von newfeel
- Antireibungscreme von aptonia
- Flaschenadapter für Trinkflaschen von SOURCE
1 Comment
Vicente Peña García
August 23, 2016 at 2:45 pmEs una gran fuente de sabiduría sin duda.