Grün, grün grün sind alle meine… Kleider? Nicht wirklich, außer ein selbstgenähter Traum aus Samt in Tannengrün und ein schon leicht abgeliebter Kimono, ein Geschenk der japanischen Ex-Ehefrau meines Halbcousins, den ich am liebsten als Bademantel oder Schlafanzug zweckentfremde. Meine Wände? Nein. Dinge in meiner Küche? Schon eher, die Pflanzen auf dem Fensterbrett, und die Avocado im Obstkorb. Ansonsten findet sich in meiner Wohnung außerhalb der Küche nicht wirklich viel in der Frühlingsfarbe, mal abgesehen von dem Deckel des Kontaktlinsendöschens und der Klammer für den Hefter mit meinen Steuerunterlagen. Als das Farbinstitut Pantone im Dezember “Greenery” zur neuen Trendfarbe 2017 kürte, dachte ich also nach über den Grünton, und ob und wenn ja, was, er mir sagt.
Ob man das Konzept der Trendfarbe gut findet oder eher überflüssig, bleibt jedem selbst überlassen. Geschmack kann man nicht diktieren und was für den einen Trend ist, ist für den anderen eher Grund zum Stirnrunzeln. Nicht leugnen lässt sich, dass das Farbinstitut in den letzten Jahren bei Artdirektoren rund um den Globus doch beträchtlich an Einfluss gewonnen hat. Über die ästhetische Dokumentation von Farbtrends hinaus, nimmt sich Pantone darüber hinaus wahr als Vermittler gesellschaftlicher Stimmungen mit dem Ziel optimistische Botschaften zu übermitteln, die durchaus politischen Charakter haben. Letztes Jahr haben Babyrosa und Himmelblau in der Modebranche eine Diskussion über die Toleranz von Geschlechtergrenzen angestoßen. Dann mischten die Pantone-Leute ein bisschen Zitronengelb mit Tannengrün und schon war die neue Trendfarbe 2017 geboren. In diesem Jahr soll Greenery eine Ode sein an die Schönheit der Natur, deren Erhalt nicht nur wünschenswert, sondern lebensnotwendig für uns geworden ist.
Eine Farbe, die frisch und lebendig ist, und uns beim Betrachten Energie schenkt. Ein Ton, der motivierend wirken soll, wenn wir uns 2017 mit dem „postfaktischen“ Chaos unserer Welt konfrontieren und vielleicht sogar aktiv werden. Trump, Brexit, Krieg in Nahost, Auseinandersetzungen mit Freunden, die plötzlich populistische Meinungen vertreten, skrupellose U-Bahnschubser, Krankheitsfälle in der Verwandtschaft, prekäre Arbeitsverhältnisse und andere Dinge, die uns in unserem unmittelbaren und globalen Umfeld aufs Neue herausfordern und uns manchmal den Wald vor lauter Bäumen nicht sehen lassen. Wobei hier der Wald steht für …, ja für was eigentlich? Für unser Leben im Hier und Jetzt und für die Zukunft unseres Planeten? Hört sich etwas pathetisch an, ist aber wahrscheinlich so. Denn der Alltagsstress lässt uns oft den Moment vergessen und auch den Blick für das große Ganze. Und mit unserer absoluten Anspruchshaltung, ein besonders guter, grüner Bürger zu sein, der mit seinem möglichst konsumkritischen und emphatischen Verhalten, den Planenten ein bisschen besser oder wenigstens nicht noch schlimmer machen will, stressen wir uns oft noch zusätzlich.
Und dann kommt 2017 und sie: Greenery. Eine Farbe in guter Mission. Eine Farbe wie ein frischer Apfel, Granny Smith, wie ein Strauss frischer Minze, wie Kiwi, wie aufgeschnittene Avocadoscheiben, wie ein gut gepflegter Rasen, wie Weintrauben, wie grüner Spargel, wie Pistazien-Eis und wie Matcha-Tee. Eine Farbe der Natur, eine Gemüse- oder Obst-Farbe. Als Designton für Möbel oder Mode muss sich Greenery erst noch beweisen und kann vielleicht als Aufforderung verstanden werden, mehr auf Nachhaltigkeit in der Produktion zu achten.
Ich interpretiere die Farbe für mich als Erinnerung daran, mich gesund zu ernähren. Vielleicht starte ich mein 2017 mit einer Farbdiät à la Sophie Calle aus Avodados, Matchatee, Äpfeln und mit ganz viel Basilikum. Denn Früchte und Gemüse tun uns im Winter allemal gut und helfen, dem Vitamin-D-Mangel entgegenzuwirken. Außer das Pistazieneis. Aber bei all den guten Vorsätzen darf ja schließlich auch mal gesündigt werden:
Alles aus Matcha: Matcha-Mix Vanille, Lambertz Bio Cookie Matcha, Mochi ice cream
und hier noch zwei fabelhafte Rezepte, die ich euch erst ans Herz legen kann, wenn ich sie selbst ausprobiert habe:
*Bilder aus dem Titelbild: Trump, Parteien-Logo
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